Sonntag, 6. März 2011

Kettenduldung.

Kettenduldung. Kettenduldung. Kettenduldung. Ketten. Sklaven. Schiffe.  Ich musste an die Kettenduldung denken, als ich unterwegs zur Toilette war. Meine Eltern haben eine Duldung. Ich hatte neun Jahre lang eine Duldung. Es ist nicht lange her, da ich einen grauen Pass für Ausländer bekommen habe. Man kann sehr wohl den Vergleich zu den Sklaven aus antiken Zeiten ziehen. Diese hatten eine sehr schwere Kette um ihre Füße, die eine Flucht verhindern sollte. Meine Eltern düfen nicht Rheinland Pfalz verlassen. Sie dürfen nicht einmal, die ihnen naheste Bahnstation aufsuchen, da diese nicht mehr im besagten Bundesland liegt. Residenzpflicht ist diese Kette am Fuße meiner Eltern. Ich habe sie auch getragen. Mit nach Köln habe ich sie mitgenommen und bin sie erst dort losgeworden. Nach drei Jahren Ankunft in der toleranteren Großstadt. Ich habe in Köln zunächst in ein Frauenhaus gemusst. Dort habe ich Jahr verbracht. es war eine verdammt interessante Zeit. Ich kam dorthin, weil meine Eltern nicht meinem Lebensstil, der sich deutlich von der ihrigen, unterschied, zusagten. Ich habe von zu Hause meine Duldung, mein Abitur- Zeugnis, Anna Politkovskajas " In Putins Russland" und Simone de Beauvoirs " Das andere Geschlecht" genommen und habe mich gen Köln aufgemacht. Köln hat mir aufgemacht, eher. Denn wenn ich darüber nachdenke, wie ich nach Köln ging, erscheint vor meinem inneren Auge ein Tor in einer winterlichen Landschaft und ich stehe dort mit einem " Propusk", einem Dokument, das mir die Tore der Stadt öffnet. Am Telefon im großen Hauptbahhof Cologne verinbarte ich ein Treffen mit zwei Frauen, die mich zu einem der geheimgelegenen Frauenhäuser führen sollten. Als ich dort zwei Monate geblieben war und die Zeit nahte, da meine Duldung verlängert werden sollte, gab es natürlich Schwierigkeiten, denn nun hatte ich mich strafbar gemacht. Ich war in Nordrhein Westfallen in Köln, anstatt schön in Rheinland Pfalz zu hocken und auf den Termin bei der Ausländerbehörde ( alle drei Monate) zu warten. In Köln war für mich niemand zuständig, also musste ich an den alten Wohnort. Dort hat sich mein Sachbearbeiter richtig aufgeregt! Denn seiner Meinung nach hätte ich mich bei ihm melden sollen, bevor ich vor dem Zorn meiner Eltern Richtung Köln floh, und ihn fragen, ob er ( ein nicht so ganz neutraler Sachbearbeiter, der mir das Studium in Siegen verbot, da Siegen nicht in Rheinland Pfalz liegt und ich eher abgeschoben werden sollte, als dass mir Bildung erlaubt wäre) mir erlaube, meine Kette am Füß zu verlängern und die Grenze von Rheinland Pfalz zu überqueren. Er wollte meine Duldung nicht verlängern und meinte, ich soll zusehen, wie ich ohne seine Unterschrift zurecht komme, will heißen, dass ich dann illegal in Deutschland bin und somit in großen Schwierigkeiten stecke. Ich habe es nun nach drei nerventötenden Jahren und nach vielen Beratungen und Terminen bei den verschiedensten Behörden geschafft, frei und ohne Ketten zu leben. Ich durfte sie ablegen. Meine Eltern nicht. Es macht mich traurig, an meine Eltern zu denken. Wenn ich an meine Eltern denke, habe ich Bilder von Katzen und Hunden in sehr engen Käfigen, die von von einem Wagen in den nächsten geworfen werden und die Tiere sich die Pfoten und die Hälse brechen. Ich weiß nicht mehr, wie schön oder glücklich meine Eltern einmal ausgesehen haben, sie sind jetzt alt, beide schwer krank und Schatten. Es wurden jedes Jahr Briefe an meine ganze Familie geschickt wodrin stand, dass wir unsere Sachen packen sollen, weil wir abgeschoben werden. Es helfen nur Rechtsanwälte, die Antwortbriefe an die zuständigen Behöden schicken. Teure Anwälte, die immer seltener positive Antworten für ihre Asyl-suchenden Mandanten haben. Frontex ist überall. Nicht nur an den Grenzen Europas wacht sie, sondern auch in der Mitte der EU. Viele Sachbearbeiter sind die kleinen großen Versionen der Frontex. Ich habe Berlin besucht.

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